Forschungsarbeit des Quartals #4

Was erforscht eigentlich Lisa Böttcher?

Thema der Promotion: Transparenz und Zivilgesellschaft

Institution: Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Wirtschafts- und Steuerrecht der Ruhr-Universität Bochum

Betreuer: Professor Dr. Sebastian Unger

Stand der Arbeit: Work in Progress (Anfangsstadium)

Kaum ein anderes Schlagwort beherrscht den öffentlichen Diskurs heute so sehr wie das der Transparenz. Als Partizipation, Legitimation und Vertrauen förderndes Mittel geradezu emphatisch beschworen, wird Transparenz zu einem abstrakten Wert mit quasi-religiösen Charakter erhoben. Die allgegenwärtige Forderung verschärft sich zu einer Totalisierung, die sich längst nicht mehr auf den Bereich der Politik und Wirtschaft begrenzen lässt, sondern auch und gerade die Zivilgesellschaft erreicht hat. Missbrauchsfälle und Spendenskandale offenbarten Transparenzdefizite und Schwächen interner Kontrollmechanismen. Forderungen nach einem Mehr an Information werden lauter, scheinen ein einst „blindes“ Vertrauen in gesellschaftliche Institutionen zu ersetzen.

Initiativen, die auf freiwilliger Basis Standards für eine transparente Veröffentlichung von Informationen und Verhaltenskodizes einführen, greifen das Informationsbedürfnis zwar auf, vereinen aber kaum mehr als einen Bruchteil der Organisationen hinter sich. Einer öffentlichen Beobachtung im Sinne einer Rechnungs- und Offenlegungspflicht können sich zivilgesellschaftliche Organisationen im Schutze des Steuergeheimnisses weitestgehend entziehen. Gesetzlich verankerte Informationspflichten konzentrieren sich auf die Finanzbehörden, die eine rein formale Prüfung der Einhaltung der steuerrechtlichen Anforderungen der Abgabenordnung vornehmen. Steuer- und staatszentrierte Auskunftspflichten erhöhen die Transparenz gegenüber dem Staat, nicht aber gegenüber der Gesellschaft. Forderungen nach einem Mehr an Information bleiben, die Gründung von Vertrauen bleibt aus.

Die Zivilgesellschaft hat eine gesellschaftliche und politische Bedeutung erlangt, die in einer partizipativen Demokratie kein „Blühen im Verborgenen“ erlaubt. Sie bildet ein notwendiges Machtkorrektiv und dient in ihrer Themenanwaltsfunktion als Sprachrohr gesellschaftlicher Interessen. Ihrer parteiähnlichen Funktion entspricht das deutsche Transparenzsystem nicht. Heute ist ein gesetzliches Transparenzgebot notwendig, das dem der politischen Parteien ähnelt, damit die Zivilgesellschaft als Akteur politischer Meinungsbildung wahrgenommen und legitimiert wird.

Das Dissertationsprojekt analysiert, inwieweit der Rechtsrahmen für Transparenz und Rechenschaftslegung der heutigen Rolle der Zivilgesellschaft in einer partizipativen Demokratie entspricht. Dabei werden zunächst die Ziele, die mit Transparenz als Mittel verfolgt werden, identifiziert, um anschließend einzuordnen, ob diese mit den bisherigen und geplanten gesetzgeberischen Vorgaben erreicht werden. Neben den freiwilligen Maßnahmen der Organisationen stehen die zivilgesetzlichen Rechtsgrundlagen, die steuerliche Rechnungslegung und die staatlichen Register im Fokus. Die Arbeit zeigt auf, dass die Zivilgesellschaft ein Akteur der politischen Willensbildung und ihre Rolle mit derjenigen der politischen Parteien vergleichbar ist. Um demokratische Repräsentativität und Legitimation zu schaffen, erweist sich im Ansatz eine Übertragung des parteipolitischen Transparenzgebots als erforderlich und geboten.

Lisa Böttcher über das Forschungscollegium:

Ich schätze die interdisziplinären Diskussionsrunden im Forschungscollegium sehr, da sie mir stets einen neuen Blick auf meine eigene Forschungsarbeit ermöglichen. Das Forschungscollegium bietet mir ergänzend zur Unterstützung durch meinen Betreuer einen Ort des Austausches und der konstruktiven Kritik. Ich profitiere sehr davon, meine eigene Arbeit in dieser Runde zu reflektieren und an den Forschungsarbeiten der anderen teilzuhaben. So habe ich bereits das ein oder andere Mal erfahren dürfen, wie hilfreich es sein kann, die „juristische Brille“ abzulegen.

„Transparenz und Zivilgesellschaft“
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